Jamil Jan Kochai: 99 Nächte in Logar – Roman

Logar, Afghanistan, im Jahr 2005: Der 12-jährige Marwand kehrt mit seiner Familie für einen Sommer aus den USA in seine Heimat zurück. Doch wie „Heimat“ fühlt sich das Dorf ohne McDonald’s, dafür mit merkwürdigen Bräuchen und noch merkwürdigerer Sprache, überhaupt nicht an. Und dann beißt ihm gleich am ersten Tag Budabasch, der dreibeinige Wachhund des Dorfes, eine Fingerspitze ab und verschwindet in den Weiten des Hindukuschs. Für Marwand und seine Freunde beginnt eine abenteuerliche Jagd durch ein kriegsversehrtes Land. Eine wilde und märchenhafte Suche in 99 Nächten nach dem eigenen Platz zwischen den Kulturen.

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Das grausige Hobby von Sir Joseph Londe

„Was für einen Unfug wollen Sie von mir?“, fragte Daniel – vergeblich versuchte er, sich aufzusetzen.
„Nur um einen Blick auf Ihr Gehirn zu werfen“, war die angenehme Antwort.
„Mein – mein was?“ Daniel keuchte.
„Ihr Gehirn“, wiederholte der andere, nahm eines der Messer aus der Schachtel und untersuchte es kritisch. „Übrigens, Sie wissen natürlich, wer ich bin? Ich bin Sir Joseph Londe, der größte Chirurg der Welt. Ich habe mehr Operationen durchgeführt, als es Sterne am Himmel gibt. Leider wurde eines Tages ein kleiner Teil meines Gehirns rot. … Solange ich diesen kleinen Teil des roten Gehirns nicht ersetzen kann, bin ich verrückt. …. In Sie habe ich jedoch absolutes Vertrauen.“
„Wie wollen Sie an mein Gehirn rankommen?“ Daniel fand die Kraft zu fragen.
„Ich will es natürlich herausschneiden“, erklärte der andere. „Sie brauchen nicht die geringste Angst zu haben. Ich bin der beste Operator der Welt.“
„Und was machen Sie danach mit mir?“
Der Chirurg kicherte.
„Ich begrabe Sie im Steingarten“, antwortete er. „Ich nenne ihn meinen Friedhof. Wenn Sie jetzt so freundlich wären, ganz still zu bleiben …“
Das ist ein kurzer Textausschnitt aus dem Buch, das Spannung und einen besonderen Lesegenuss verspricht.

Hier geht es weiter …

„Bevor ich es vergesse, hier sind ein paar Dinge, die ich in Logar sah: Eine Kobra. Sechs Kinder im Alter von vier bis elf, die zu der Kobra liefen. Eine Kobra mit abgezogener Haut, von sechs Kindern totgeschlagen. Eine Drohne (glaube ich?). 1.226 weiße Lilien. Einen wahren Gott. Keinen Budabasch.“

Quelle: Random House